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Miteinander statt übereinander reden

Mediation kann ein erfolgversprechender Weg sein, Konflikte um den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung zu entschärfen.

Mediatorin Doris Fortwengel setzt auf eine „neue Kultur des Miteinanders“ für die Energiewende.<br>Bild: Hoffotografen

Der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung ist erklärtes Ziel der Landesregierung Brandenburgs. Nicht immer gehe das aber ohne Konflikte vonstatten, denn die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern sowie des Natur- und Klimaschutzes müssten in Einklang gebracht werden, heißt es im Energieministerium in Potsdam. Gängige Konfliktpunkte beim Bau von Windrädern und Photovoltaikanlagen sind neben Standortfragen, Abstandsregelungen und Naturschutzbelangen veränderte Zugangs- und Wegerechte, aber auch Schlagschatten oder Geräusche, die von Windenergieanlagen, oder Spiegelungen, die von Photovoltaikmodulen verursacht werden können.

Konfliktpunkte auszuräumen ist erst einmal Aufgabe geregelter Genehmigungsverfahren. Doch auch nach erteilter Genehmigung sind Konflikte häufig nicht zu Ende. So wurden in Brandenburg laut einem Bericht der Landesregierung allein 2020 zwölf erteilte Genehmigungen für insgesamt 38 Windenergieanlagen mit 179 MW Leistung vor Gericht beklagt.

Wir brauchen eine neue Kultur des Miteinanders

Auch in Potsdam setzt man deshalb auf ein bewährtes Instrument, festgefahrene Gespräche zur Energiewende wieder in Gang zu bringen: Mediation, sprich die Einschaltung neutraler Vermittler. „Miteinander zu reden ist bei Konflikten ein erster wichtiger Schritt“, erklärt Brandenburgs Wirtschafts- und Energieminister Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach. Das Land stellt für 2022 bis zu 10.000 Euro für Mediationen rund um den Ausbau erneuerbarer Energien zur Verfügung. Konfliktparteien können dabei auf den Mediatorinnen- und Mediatoren-Pool des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) in Berlin zurückgreifen. Die vom KNE vermittelten Expertinnen und Experten sind speziell für Fragen zum Ausbau erneuerbarer Energien geschult und stehen Konfliktparteien als neutrale Vermittler zur Verfügung. „Miteinander statt übereinander zu reden, so kommen wir in der Energiewende weiter“, wirbt KNE-Geschäftsführer Michael Krieger für die Mediation.

Doris Fortwengel ist als eine der Mediatorinnen aus dem KNE-Pool in Brandenburg tätig. „Wir müssen beim Umbau der Energieversorgung schneller werden und dafür brauchen wir eine neue Kultur des Miteinanders“, sagt die studierte Architektin. Mediatorinnen und Mediatoren könnten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Energiewende leisten. Ziel ihrer Arbeit sei, „effektivere Wege für Aushandlungsprozesse zu finden“, um den Ausbau der Erneuerbaren voranzubringen. „Wir haben nicht mehr so viel Zeit für Klagen und Einsprüche“, mahnt Fortwengel. Eine Mediatorin verhalte sich neutral, höre alle Parteien an und unterstütze diese bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen, erklärt sie ihre Arbeit.

Gerufen werde sie häufig von Städten und Gemeinden, die Hilfe suchen, um Konflikte um erneuerbare Energien in ihrem Umfeld bewältigen zu können. Fortwengel rät Kommunen auch, nicht erst auf Mediation zu setzen, „wenn es schon größeren Streit gibt, weil sich eine Bürgerinitiative gegen den Bau einer Windenergieanlage gebildet hat“, sondern möglichst frühzeitig beim Start eines Projektes.

Eskalierte Sitzungen wieder arbeitsfähig machen

Dann sei es noch einfacher, Interessengruppen an einen Tisch zu holen und ein von allen akzeptiertes Ergebnis zu erzielen. In komplizierteren Fällen ermögliche Mediation aber auch, „eskalierte Sitzungen wieder arbeitsfähig zu machen“. Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren erwartet Fortwengel außerdem durch veränderte Rahmenbedingungen. Die mit dem EEG 2021 geschaffene Möglichkeit, Kommunen an Windenergieanlagen finanziell zu beteiligen, werde die Situation in Brandenburg in vielen Fällen entschärfen. „Wenn die Menschen wissen, dass jede Rotordrehung in ihrem Blickfeld Geld in die Gemeindekasse spült, verändert das ihr Verhältnis zur Windenergie“, ist sie sich sicher. Die finanzielle Beteiligung von Kommunen könne zum Schlüsselinstrument für schnelleren Ausbau der Erneuerbaren werden.

Ein zunehmendes Konfliktpotential sieht Fortwengel dagegen in der Freiflächen-Photovoltaik. Die finanzielle Beteiligung von Kommunen an solchen PV-Anlagen ist noch nicht geregelt. Die weitere Standortsuche drohe zum Konfliktpunkt zu werden, meint sie. Auf Mediatorinnen und Mediatoren dürfte in den nächsten Jahren viel Arbeit zukommen. Schon heute sei eine verstärkte Nachfrage nach deren Dienstleistungen festzustellen, berichtet das KNE.