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Perspektive grünes Gas

Kommunen stehen vor der Frage, ob sie ihre Gasnetze langfristig in Überlegungen für lokale Klimaschutzkonzepte einbeziehen können. Die Gaswirtschaft will die Voraussetzungen schaffen, dass es möglich wird.

Kerstin Andreae, Sprecherin der Geschäftsführung des Energiewirtschaftsverbandes BDEW, plädiert dafür, das Gasnetz in Überlegungen zur klimaneutralen Wärmeversorgung einzubeziehen. Bild: BDEW

Welche Rolle kann Gas auf dem Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung spielen? Eine grüne Gasheizung könnte möglich werden, indem Erdgas durch klimaneutrales Gas ersetzt wird. Die Alternative ist, Heizwärme regenerativ mit Strom zu erzeugen. Über den richtigen Weg wird kontrovers diskutiert. Auch das Bundeswirtschaftsministerium sucht noch danach und hat Ende Februar einen ergebnisoffenen Dialog zur klimaneutralen Wärmeversorgung gestartet.

„Ich habe noch keine Antwort darauf, wie die Wärmeversorgung der Zukunft aussieht“, bekannte bei einer Onlinediskussion zur Wärmewende im Februar auch Kerstin Andreae, Sprecherin der Geschäftsführung des Energiewirtschaftsverbandes BDEW. Sie plädiert dafür, dekarbonisierte Gase und das Gasnetz in den Aufbau einer klimaneutralen Wärmeversorgung einzubeziehen.

Hauptargumente für diesen Weg: Das Gasnetz könne weiter genutzt, die Heiztechnik prinzipiell beibehalten werden. Gerade unter Kostengesichtspunkten sei es ein großes Plus, weiter auf die Infrastruktur zurückgreifen zu können, so Andreae.

Wechsel von Erdgas zu grünen Gasen

Gelinge das nicht, müssten in den nächsten 30 Jahren die Hälfte aller Wohnungen vom Gasnetz abgeklemmt werden. Im Jahr 2020 wurden 49,5 Prozent aller knapp 43 Millionen Wohnungen Deutschland mit Erdgas beheizt.

Die Gaswirtschaft schlägt schon seit Langem vor, Erdgas zunächst weiter zu verwenden, um über Effizienzgewinne durch Sanierung alter Heizkessel und durch Heizungsumstellungen von Öl auf Gas die CO2-Emissionen zu reduzieren. Parallel dazu soll die Dekarbonisierung beginnen.

„Gas kann grün“, lautet die Devise. Der Plan sieht vor, das Gas für die Versorgung nach und nach klimaneutral zu machen – durch Biogas, blauen Wasserstoff, der aus Erdgas produziert wird, ohne dass CO2 in die Atmosphäre entweicht, sowie durch Wasserstoff oder synthetisches Gas, das über Power-to-Gas aus erneuerbarem Strom erzeugt wird.

Experten wie Patrick Graichen, Direktor der Beratungsgesellschaft Agora Energiewende, sehen dagegen kaum Chancen für grüne Gase. Er könne nicht erkennen, „wo die Mengen an Wasserstoff, die dafür nötig wären, hergestellt werden sollen“, sagte er bei der Diskussion. Ein technologischer Wechsel sei unumgänglich. Graichen sieht für die Zukunft im Wesentlichen zwei Systeme: elektrische Wärmepumpen für Ein- und Zweifamilienhäuser, erneuerbar gespeiste Wärmenetze für Geschosswohnungsbauten.

Noch mehr Strom aus Wind und Sonne nötig

„Fernwärme ist ein guter Weg“, sagt auch Andreae. Doch auch die Fernwärme müsse grün werden – bisher wird sie überwiegend aus Erdgas und Kohle produziert. Außerdem zweifle sie daran, dass es volkswirtschaftlich effizient sei, in weiten Bereichen von Städten neben ein bestehendes Gasnetz noch ein neues Wärmenetz zu legen, merkte sie an.

Einig waren sich Andreae und Graichen darin, dass auf jeden Fall der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung aus Wind und Sonne massiv vorangetrieben werden müsse, um die Klimaziele zu erreichen. In der Anfang des Jahres eingeführten CO2-Bepreisung für fossile Brennstoffe sehen sie ein sinnvolles Instrument, den Wechsel von fossiler zu erneuerbarer Wärmeversorgung zu unterstützen.

Mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung müssten Anreize zum klimaneutralen Heizen gesetzt werden, forderte Andreae. Dabei müsse auch die Bezahlbarkeit für Wärmekunden im Blick behalten werden. Graichen schlug die Einführung von Warmmieten vor, um Belastungen aus dem Umbau der Wärmeversorgung von Mietern auf Gebäudeeigentümer zu verlagern.

Eine langfristige Perspektive ist indes klar: „Erdgas wird sein Ende finden“, weiß auch Andreae. „Wir müssen den fossilen Pfad beenden“. Das werde bis 2050 zu erledigen sein.