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Hightech aus Potsdam: Den Weg leuchten

André Kloth misst die Entfernung zu Satelliten und Weltraumschrott auf den Millimeter genau mit Lasern

André Kloth misst die Entfernung zu Satelliten mittels Laser-Technik. Foto: Nikolaus Brade / Raufeld Medien

Wer in den Weltraum blickt, muss tapfer sein. Denn das Kleine ist hier sehr klein. Und das Große so groß, dass es sich weit über den Rand unseres Vorstellungsvermögens hinaus ausdehnt. Gemessen daran bewegt sich der Informatiker André Kloth noch in einem  überschaubaren Raum. Denn der Forscher beschäftigt sich mit dem sogenannten Satellite Laser Ranging (SLR), mit dem das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam schon seit den 1970ern die Flugbahn von Satelliten überwacht. Deren Orbit ist vollgestopft mit Längen und Geschwindigkeiten, die den Verstand zum Summen bringen.

Schnellfeuer für scharfe Bilder

„Gerade einmal 0,16 Sekunden braucht ein Laserpuls für den rund 50.000 Kilometer langen Hin- und Rückweg zu einem typischen Navigationssatelliten“, erklärt Kloth, der bis vor Kurzem selbst am GFZ beschäftigt war, sich dann aber mit einem Kollegen ausgegründet hat, um Stationen für SLR international zu vermarkten. „Bevor der Puls zu uns zurückkommt, haben wir bereits mehr als 300 weitere auf die Reise geschickt.“ 2.000 sind es jede Sekunde.

Dieses Schnellfeuer ist auch notwendig, denn wie beim Fernsehen erhöht sich mit der Frequenz die Schärfe des Bildes. Und die Objekte der Forscher sind extrem schnell: Mit bis zu 27.360 Kilometern pro Stunde fliegen Satelliten um die Erde. Navigationssatelliten wie Galileo umkreisen sie mit einer Geschwindigkeit von rund 13.300 Kilometern pro Stunde. Um die schnellen Himmelsläufer überhaupt treffen zu können, reicht es daher nicht aus, nur zu wissen, wo sie sind. Man muss auch wissen, wo sie sich innerhalb der nächsten 0,08 Sekunden befinden werden.

Forscher leiten diesen Blick in die Zukunft aus den sogenannten Prädiktionen ab. „Je genauer die Messung, desto verlässlicher lässt sich vorhersagen, welchen Kurs ein Satellit nimmt – wo er sich also künftig befinden wird“, erklärt Kloth. In Jahrzehnten der Forschung wurde SLR immer weiter verbessert: Waren die Laserpulse zum Beispiel anfangs noch ein bis zwei Meter lang, wird ihre Länge inzwischen in Billionstel-Sekunden gemessen. So lässt sich heute selbst die Position eines 20.000 Kilometer entfernten Satelliten auf den Millimeter genau bestimmen.

Die Bedienung und Nutzeroberfläche des Systems folgten jedoch lange Zeit keinem Standard, sondern waren eine Eigenentwicklung der jeweiligen Forscher. „Als ich zum Team stieß, begannen wir daher damit, das System zu vereinheitlichen“, erzählt André Kloth. Gleichzeitig lieferte der technische Fortschritt kompaktere Bauteile, Laser und Empfänger passen heute schon in dasselbe Teleskop. Aus einem System zur Erdvermessung entstand so ein Multitool, das für viele Anwender von Interesse ist.

Satellitenbetreiber können es zum Beispiel dafür nutzen, um große Datenpakete von hochauflösenden Kameras im All äußerst schnell zu übertragen – hier fungiert der Laser quasi als Glasfaser ins All. Vor allem aber eignet sich das System zur Schadensbegrenzung: „Tausende von sehr teuren Satelliten fliegen da oben inzwischen durch ein Trümmerfeld von Weltraumschrott – wir können es überwachen und die Betreiber rechtzeitig vor Kollisionen warnen“, sagt Kloth.

Tradition auf dem Telegrafenberg

Bereits 2014 gründete André Kloth mit seinem Partner Jens Steinborn das Unternehmen DiGOS, um SLR-Stationen als All-inclusive-Paket vermarkten zu können. 2019 gab es dafür den Innovationspreis des Landes Brandenburg – DiGOS hatte gerade die japanische Weltraumorganisation Jaxa und die europäische Organistaion ESA als Kunden gewinnen können. „Es ist schon ein tolles Gefühl, dass ich als Informatiker nicht nur irgedwelche Apps für den Konsummarkt entwickle, sondern relevante Grundlagenforschung mit voranbringen kann“, sagt André Kloth. Und dass er das auf dem Potsdamer Telegrafenberg tun darf, auf dem schon die Lichtgestalt Einstein zu den Sternen blickte, „ist natürlich noch einmal ein ganz besonderes Gefühl“.

EMB von hier 01/2020

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 01 / 2020 des Magazins "EMB von hier" erschienen.

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