Grün heizen in Brandenburg
Eine neue Studie zeigt, wie das ostdeutsche Flächenland klimaneutral mit Wärme versorgt werden könnte. Gas würde eine wichtige Rolle spielen.
Fast 60 Prozent aller Wohnungen in Brandenburg werden aktuell direkt oder indirekt (Fernwärme) mit Erdgas beheizt. Mit der dafür vorhandenen Versorgungsinfrastruktur könnte bis 2050 eine klimaneutrale Wärmeversorgung erreicht werden.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Die Zukunft des Wärmemarktes in Brandenburg“. Experten der Nymoen Strategieberatung in Berlin haben auf Basis offizieller Daten drei Szenarien für eine klimaneutrale Wärmeversorgung entworfen. Auftraggeber für die Studie ist die GASAG-Gruppe mit den beiden brandenburgischen Energiedienstleistern EMB und SpreeGas.
„Wir sind davon ausgegangen, dass es unwahrscheinlich ist, dass Gas vollkommen aus dem Wärmemarkt gedrängt wird und alle Gasheizungen durch elektrische Wärmepumpen ersetzt werden“, sagt Nymoen-Beraterin und Studienleiterin Kathrin Graf. Eine CO2-freie Wärmeversorgung für Brandenburg sei dennoch zu schaffen, sogar bis 2045. Voraussetzung für das Erreichen dieses jüngst neu fixierten Ziels sei eine schnellere Bereitstellung klimaneutraler Energieträger.
Dekarbonisierung und geringerer Energieverbrauch
Die Studie kommt zum Ergebnis, dass 2019 in Brandenburg 28 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) Wärme verbraucht wurden. Allein 14 Mrd. kWh aus direkter Nutzung von Erdgas. Die Reduzierung der wärmebedingten CO2-Emissionen des Landes (2019: 6,4 Millionen Tonnen) baut auf zwei Effekte: Dekarbonisierung der Energieträger und signifikante Reduzierung des Energiebedarfs.
Große Wirkung wird dadurch erzielt, dass Erdgas durch grüne Gase und Wasserstoff ersetzt wird. Auch Nah- und Fernwärme können so dekarbonisiert werden. Heizöl (rund 18 Prozent Anteil am Wärmemarkt 2019) wird künftig nicht mehr eingesetzt.
Der Wärmebedarf muss um rund zwei Drittel reduziert werden; durch Veränderung der Gebäudestruktur infolge rückläufiger Bevölkerungszahlen, Neubauten und energetische Sanierung sowie durch effizientere Heiztechnik.
Am Ende stünde im mittleren Szenario ein Wärmebedarf von rund 8,2 Mrd. kWh, der zu 47 Prozent durch klimaneutrale Gase, zu 27 Prozent durch grüne Nah- und Fernwärme, zu 19 Prozent durch andere Erneuerbare und zu 7 Prozent durch regenerativen Strom gedeckt würde. Strombetriebene Wärmepumpen würden zudem erhebliche Mengen Umweltwärme nutzbar machen. Fast ein Viertel der Gebäude könnte so über Wärmepumpen beheizt werden.
Noch unsicher sind die finanziellen Auswirkungen. „Wir gehen davon aus, dass es Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen geben wird“, so Studienleiterin Graf. Eine klimaneutrale Wärmeversorgung werde auf jeden Fall mehr kosten. Übrigens: Die Studie zum Wärmemarkt in Brandenburg wird zum EMB-Energiedialog am 1. Oktober 2021 ausführlich vorgestellt.
Weitreichende Förderung notwendig
Der Umbau gelinge deshalb auch nicht ohne Anreize, also Förderung von Gebäudesanierung, Heizungstausch und effizienter Heiztechnik. Außerdem müsse der Gesetzgeber den Austausch ölbasierter Heizungen forcieren, Wasserstoff für die Wärmeversorgung zulassen und in Förderprogrammen berücksichtigen. Zudem sei die Umwidmung der Gasnetze zu Wasserstoffnetzen regulatorisch zu ermöglichen und diese in die Gasregulierung zu integrieren, um die Kosten für den Umbau fair zu verteilen.
Die EMB sieht sich durch die Studie bestärkt. „Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Klimaneutralität in den nächsten 30 Jahren nur erreichbar ist, wenn wir die bestehende Gas-Infrastruktur mit klimaneutralen und grünen Gasen für den Wärmemarkt nutzen“, sagt Dr. Jens Horn, Geschäftsführer der EMB. Gasverteilnetze seien auf winterliche Spitzenlasten ausgelegt, klimaneutrale Gase bei Altbauten und denkmalgeschützten Gebäuden eine wichtige Alternative zur Dämmung, um Klimaziele termingerecht zu erreichen.
Eine zunehmende Stromnutzung im Wärmemarkt würde dagegen nach EMB-Einschätzung Stromnetze, Gebäudeinstallationen und Fachkräfte vor kaum lösbare Aufgaben stellen. Eine Vollelektrifizierung belaste die Volkswirtschaft stärker, wie auch eine Studie der Deutschen Energieagentur zeige. An Gas und Gasnetzen führe deshalb kein Weg vorbei. „Die EMB steht für diese Aufgabe in den Startlöchern“, so Dr. Horn weiter.